Samiullah Rasouli | Foto © Rottkay

Was ist The Poetry Project?

The Poetry Project Schreibworkshops | Foto © Rottkay
Foto © Rottkay

Im Rahmen eines viersprachigen Lyrik-Projekts haben wir Schreibgruppen in ganz Deutschland aufgebaut, in denen sich junge Menschen mit und ohne Fluchthintergrund begegnen konnten. Geschrieben wurde auf Persisch, Arabisch, Deutsch und Englisch. Dieser poetische Dialog wurde durch öffentliche Lesungen und Publikationen nach außen getragen.

 

Im Gespräch: Herbert Grönemeyer und Samiullah Rasouli | Foto © Rottkay

Die Idee

Im Gespräch: Herbert Grönemeyer und Samiullah Rasouli | Foto © Rottkay
Herbert Grönemeyer, Samiullah Rasouli | Foto © Rottkay

Indem sie ihre berührenden Texte öffentlich vortragen, vermitteln die jungen Autor*innen auf authentische Weise ihre Erlebnisse. Viele der Jugendlichen verarbeiten Erfahrungen von Gewalt und Krieg in ihren Gedichten, Gefühle der Furcht und Einsamkeit. Daneben stehen jedoch ebenso die hoffnungsvollen Gedanken auf eine bessere Zukunft, Berichte über Begegnungen geprägt von Verständnis und Zuneigung.

Wir wollen dafür werben, ihnen zuzuhören und den Blick für sie zu öffnen. Nicht über sie berichten, sondern eine Plattform bieten für ihre eigenen vielfältigen Stimmen.

 

ThePoetryProject Starting Point | Foto © Rottkay

Wie alles begann

ThePoetryProject Starting Point | Foto © Rottkay
Schreibwerkstatt 04. Mai 2016 | Foto: Rottkay

Bei Reisen durch Afghanistan hatte Initiatorin und SPIEGEL-Auslandskorrespondentin Susanne Koelbl die Bedeutung und den Zauber der Lyrik als alltägliche Erzählform erfahren dürfen. Gemeinsam mit dem Anwalt und Übersetzer Aarash D. Spanta lud sie im Jahr 2015 junge Geflüchtete ein, an einem Gedicht-Workshop teilzunehmen, zunächst aus dem persisch-sprachigen Raum. Da die Neuankömmlinge noch wenig Deutsch sprachen, war die Unterstützung durch einen Muttersprachler der Schlüssel zum gegenseitigen Verständnis.

Im Fokus: Minderjährige, die ohne Begleitung nach Deutschland geflüchtet waren, also ohne Freund*innen und Familie einen Neustart im fremden Land schaffen mussten. Da vor allem männliche Jugendliche allein auf den weiten Weg nach Europa geschickt wurden, bestand auch die erste Schreibgruppe ausschließlich aus jungen Männern. Sie verfassten Gedichte darüber, was ihnen auf der Flucht geschehen ist. Neun Monate später veröffentlichten die Jungen ihre berührenden Texte in der Berliner Anthologie The Poetry Project und lasen sie vor großem Publikum auf dem 16. Internationalen Literaturfestival Berlin. Das enthusiastische Echo, das ihnen entgegenkam, hat sie ermutigt, weiterzumachen.

Seitdem haben sich Dutzende Schreibgruppen in verschiedenen deutschen Städten gegründet und immer mehr junge Poet*innen trugen ihre Gedichte im Rahmen von Lesungen und Festivals vor.

 

Kahel Kaschmiri | Foto © Rottkay

Der Hintergrund

The Poetry Project | Foto © Rottkay
Kahel Kaschmiri | Foto © Rottkay

Als 2015/16 Hunderttausende Menschen aus Kriegsgebieten nach Europa kamen, dachten ein paar Freund*innen in Berlin darüber nach, wie wir alle künftig gemeinsam leben würden. Es ging darum, die Fremdheit zu überwinden. Die Poesie als Brücke schien ein guter Anfang.

 

Schreibworkshop | Foto © Rottkay

Das Projekt

Schreibworkshop | Foto © Rottkay
Schreibworkshop | Foto © Rottkay

Von 2017 bis 2019 wurde The Poetry Project vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und von der Bundeszentrale für politische Bildung gefördert. Deutschlandweit trafen sich regelmäßig Jugendliche mit und ohne Fluchthintergrund mit Workshopleiter*innen und Übersetzer*innen zum Gedichteschreiben, rund 750 Schreibende kamen über diesen Zeitraum zusammen, und Tausende Gedichte.

Geschrieben wurde in der jeweiligen Muttersprache über Themen, die uns alle bewegen. Über das, was die Jugendlichen erlebt haben, was sie erwarten, wie sie sich ihre Zukunft vorstellen. Über Fremdheit und Sehnsucht, über Hoffnung und Liebe, nicht zuletzt über Tagespolitisches. Am Ende eines jeden Workshoptages wurden die Werke vorgetragen und gemeinsam gerungen, wie eine bestimmte Textstelle, ein Wort, ein bestimmter Begriff gemeint war, um die treffendste Übersetzung zu finden.

Es waren schöne Momente des sich gegenseitigen Erkennens und Erkanntwerdens, für die wir auch öffentliche Bühnen gesucht haben. So wurden die in den Workshops entstandenen Gedichte im Rahmen von Lesungen und Festivals, in Zeitschriften, Radiobeiträgen, Theaterstücken und Filmen präsentiert, damit möglichst viele Menschen am sich fortschreibenden interkulturellen Dialog teilhaben konnten und dies auch über die Projektlaufzeit hinaus weiter können. Ein erster Gedichtband erschien zur Eröffnung des internationalen literaturfestivals berlin 2016. Die dort publizierten Texte wurden 2018 mit dem Else Lasker-Schüler-Lyrikpreis ausgezeichnet und sind seitdem in einer 4-sprachigen Neuauflage unter dem Titel Allein nach Europa in unserem Shop erhältlich. 2019 erhielten weitere junge Poet*innen den „THEO - Berlin-Brandenburgischer Preis für Junge Literatur“ in den Kategorien Lyrik und Sprachräume und waren Gewinner*innen des Lyrix (Bundeswettbewerb für junge Lyrik). Zum Projektabschluss wurde eine umfangreiche Anthologie unter dem Titel Ich wollte bleiben. Ich ging. publiziert, die ebenfalls in unserem Shop erhältlich ist.