Die Lettrétage, weithin bekannt als Andockstelle für alles Literarische und Lyrische in Berlin und speziell Berlin Kreuzberg, wurde an diesem letzten Freitag im Oktober zur Bühne für erprobte und neue Texte – und einmal mehr für Tristan Brusch, diesmal am Piano.

Zum ersten Mal wurde dabei Rojin Namers Text Damaskus meine Blume öffentlich vorgetragen, im August hatte sie dafür den LYRIX-Literaturpreis erhalten. Ein neues, gerade mal zwei Tage altes Gedicht trug auch Ali Alzaeem vor, in welchem er in eindringlichen Zeilen appellierte, in Menschen mit Migrationshintergrund schlicht Menschen zu sehen und nicht bemitleidenswerte Geflüchtete:

Jedes Mal, wenn ich diese Welt anfange zu lieben, erstechen Sie meine Olivenworte.
Sie denken, dass unsere Boote von einem anderen Planeten kamen
Und dass das Blut in meinem Stift wie Wein aussieht – zum Spaß.

Rachel Ulrich reflektiere, wie als Spiegelung dieses Appells, ihre eigene Haltung zu den „neuen Leuten“ und erklärte ihre Liebe zur arabischen und persischen Sprache, ohne eine von ihnen zu beherrschen. Sie erntete für ihre an vielen Stellen unterhaltsamen Verse einige Lacher. Wie oftmals bei Lesungen des Poetry Project zu beobachten, folgte indessen auf die Worte Hamad Baluchs nachdenkliche Stille, tragen sie doch ein Leid in sich, das jungen Menschen aller Nationalitäten zustoßen kann, mit dem sich auch Menschen ohne Migrationshintergrund identifizieren können.

Tristan Bruschs Konzert mit seinen lyrischen und vielstufigen, bildreichen Texten fing die durch die Lesung gesetzten Impulse abschließend musikalisch auf und entließ das vorwiegend junge Publikum angeregt diskutierend in den Freitag Abend.