Autor*innen und Literatur-Kenner*innen aus Ost und West trafen sich vergangenen Mittwoch im Kunstraum Box Freiraum in Berlin-Friedrichshain. Mit ihren Texten tauschten sie sich aus darüber, wie Literatur zum Verständnis über die aktuellen Ereignisse beitragen kann, die so viele Geflüchtete zu uns brachten.

Benannt war der Poesieabend nach Goethes großer Gedichtsammlung: „West-östlicher Diwan".

In Berlin lebende Poet*innen lasen ihre sehr persönlichen Texte über die Ankunft in Deutschland, ihr Erinnern an den Krieg, den Alptraum, dem sie entflohen sind. Sie erzählten von der Zerstörung ihres Landes, die für sie viel tiefer geht, als nur ein Stück Erde zu verlieren. Was geschieht, wenn mit Gewalt die eigenen Wurzeln herausgerissen werden?

Goethe-Experte Gustav Seibt und Literatur-Übersetzer Mustafa Al-Slaiman lasen zweisprachig Goethes Gedicht „Hegire“.

Ayham Majid Agha schrieb über die Suche nach Geborgenheit in der Fremde und Sinneseindrücke aus seinem Heimatland, Syrien. Kefah Ali Deeb, ebenfalls aus Syrien, schilderte ihre alptraumhaften Erinnerungen an die Flucht, und wie sie in den Monaten davor in Damaskus verhaftet und gefoltert wurde.

Die jungen Autor*innen von The Poetry Project stellten ihre Texte vor, wie unterschiedlich ihr Leben in der Heimat war, verglichen mit dem Leben hier, zum Beispiel im Dialog von Kahel Kaschmiri, 17, aus Afghanistan mit dem Berliner Michael Krasnov, 18. Unsere neue Autorin Rojin Namer, 15, las davon, wie sie vor drei Jahren aus Syrien von den Eltern nach Berlin geschickt wurde, und wie die Erwartungen der Familie auf ihren Schultern lasten.

Der ehemalige Intendant der Berliner Festspiele, Joachim Sartorius, zitierte schließlich Gedichte – im Original gelesen von Mustafa Al-Slaiman – der großen Dichter des syrischen Poeten-Himmels, Adonis, Nizar Qabbani und Mohammad Al-Maghut.

Der bekannte Musiker und Komponist Ashraf Kateb aus Syrien nahm das Publikum mit seiner Geige auf eine Reise ganz eigener Art, er erinnerte an Orte und Personen, die heute nicht mehr sind.