Du liest dein Gedicht
In deiner Muttersprache
Über deine Sehnsucht
Über dein Leben
Und eigentlich verstehe ich nicht

Trotzdem
Spitze ich meine Ohren
Falle ich in den Klang
Höre ich die Emotionen
Durch die Zeilen
Und werde das Gefühl nicht los
Ich müsste Arabisch lernen
Um Poesie zu verstehen

Ich höre euch streiten
Auf Arabisch
Über Politik, Krieg, Hoffnung und Hoffnungslosigkeit
Über Identität
Und ich verstehe nichts

Trotzdem
Spitze ich meine Ohren
Und werde das Gefühl nicht los
Keine Sprache hat Worte
Für den Schmerz
Den ein Krieg hinterlässt

Mir wird erzählt
Arabisch sei eine Sprache
Die einen eigenen Tag hat, an dem sie sich feiert
Die mehr als 120 Millionen Worte kennt
Die einen Reichtum an Dialekten besitzt
Die älter ist als die deutsche
Die ein Gedicht hat, das sich von links nach rechts und von rechts nach links gleichermaßen liest

Und ich denke an meine Kartoffel-Freunde
Die Yallah in ihren Wortschatz integrieren
Und im nächsten Atemzug
In bürgerlich-intellektueller Sprache
Durch die Blume sagen
Der Araber ist so und so
Sexistisch, terroristisch, fundamentalistisch, gefährlich

Ich verstehe nichts
Und werde das Gefühl nicht los
Egal welche Sprache
Keiner beherrscht die Sprache des Dialogs

Während ich schreibe
Einen Text
Der meine zärtlichen Gefühle für die arabische Sprache zu äußern versucht
Ärgere ich mich
Meine Worte gleiten mir aus den Fingern
Verlieren die Poesie
Weil es damit endet
Das Arabische zu politisieren

Ich verstehe nichts
und werde das Gefühl nicht los
Sprache ist Leben